Qualifizierung als Chance für Solo-Selbstständige in der Krise
In einer gefährlichen Situation schaltet der Neocortex in unserem menschlichen Gehirn ab und unser „Reptiliengehirn“ reagiert ganz archaisch mit Angriff oder Flucht. Die Palette der dann folgenden Krisenbewältigungsstrategien reicht je nach Typ der Solo- und Kleinstunternehmer*innen von "Ärmelaufkrempeln" bis "Durchwurschteln". Natürlich gibt es Kleinunternehmen und Solo-Selbständige, die von Beginn an die Corona-Krise positiv für sich nutzen können. Als krisenfest erweisen sich diejenigen, die in der Digitalisierung bereits weit fortgeschritten sind oder schnell auf neu entstandene Bedarfe reagieren können.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass es Ende 2021 etwa 300.000 weniger Selbstständige in Deutschland geben wird als vor der Krise. Das wäre ein Rückgang auf den niedrigsten Wert seit 25 Jahren.
Seit Beginn der Pandemie im März 2020 stehen gerade Freiberufler*innen und Inhaber*innen kleiner Unternehmen nicht im Fokus der Wirtschaftspolitik. Die Förderprogramme sind nur bedingt auf ihren tatsächlichen Bedarf zugeschnitten. Somit bleibt es jedem und jeder Einzelnen selbst überlassen, auf die gravierenden Veränderungen der Lebens- und Arbeitssituation zu reagieren.
Bei Solo-Selbstständigen ist die eigene Person maßgeblich für den Erfolg. Diejenigen, die ihre Selbstständigkeit an die neuen Bedingungen anpassen möchten, sollten sich auf einen intensiven Lernprozess einlassen. Doch wo ist der Hebel am wirkungsvollsten anzusetzen? Fünf Ebenen – hier dargestellt mit der „Identitätspyramide“ der Unternehmensberatung Kirsch – bestimmen das unternehmerische Handeln einer Person. So lässt sich ermitteln, wo genau die durch die Pandemie entstandenen Probleme liegen und welcher Art Weiterbildung hilfreich sein kann.
1. Ebene des Verhaltens:
Unternehmer*innen unternehmen etwas!
Krisenbewältigung erfordert Tatkraft. Wer körperlich oder psychisch geschwächt ist, wird nur im Schneckentempo vorankommen.
Die Gesundheit der Selbstständigen ist die wichtigste Ressource für deren Unternehmensentwicklung. Eine Sportart zu erlernen oder an Yoga- und Fitnesskursen teilzunehmen, stärkt das Immunsystem und erhöhte das Aktivitätslevel. Wer unter starker nervlicher Anspannung leidet, kann durch Meditations- oder Achtsamkeits-Workshops mehr Resilienz erlangen. Und wer mit einem Malkurs, einem Instrument oder einer Sprache dem Corona-Stress entflieht, tankt in der Freizeit neue Energie auf.
2. Ebene der Fähigkeiten:
Solo-Selbstständig-Sein ist ein Beruf
Ein Kleinunternehmen basiert auf der Fach- und der Unternehmensführungskompetenz der Selbstständigen. Wenn das bewährte Geschäftsmodell aufgrund der Pandemie nicht mehr funktioniert, ist eine nüchterne Analyse des eigenen Kompetenzprofils ein wichtiger Ansatzpunkt zur Krisenbewältigung. Je umfassender das Know-How, desto größer ist die Chance, auch zukünftig am Markt zu bestehen.
Einige Beispiele von Unternehmer*innen, die durch fachliche oder unternehmerische Weiterbildung einen Weg aus der Krise fanden:
- Ein Trainer gab sich nicht mit improvisierten Workshops im virtuellen Raum zufrieden und qualifizierte sich umfassend in inhaltlichen, didaktischen und technischen Aspekten. Mit einem Zertifikat als eCoach füllen sich seine Auftragsbücher wieder.
- Die Inhaberin einer Heilpraxis in einer Kleinstadt wandelte ihre Räume in eine Corona-Test-Station um. Durch Fortbildung in Personalführung und Betriebswirtschaft fasste sie den Mut, flächendeckend im Landkreis 17 Stationen einzurichten.
- Dass Galerien und Netzwerkkontakte für seine Vermarktung entscheidend und gleichzeitig seine Schwachstelle sind, wusste ein Künstler bereits vor der Krise. Ein Akquisitionstraining und die konsequente Umsetzung des Gelernten brachten ihm den Durchbruch.
3. Ebene der Glaubenssätze:
Was uns nicht umbringt, macht uns stärker
Während für den einen das Glas halb voll ist, ist es für den anderen halb leer. Ob Menschen ihre Ideen in die Realität umsetzen und wie sie mit Krisen umgehen, entscheidet sich auf der Ebene der mentalen Einstellungen.
Wer beispielsweise einen der folgenden Glaubenssätze verinnerlicht, wird leichter aktiv werden und Wege aus der Krise finden:
- Ich weiß, dass ich im Leben schon schwierige Situationen gemeistert habe, und kann jetzt von diesen Erfahrungen profitieren.
- Die Erfolgschancen stehen 50:50. Wenn ich gar nicht erst anfange, habe ich sofort verloren.
- Was auch immer heute passiert, morgen ist ein neuer Tag. Ich vertraue auf meine Erfahrung, dass mir immer wieder Gutes begegnet ist.
Die gute Nachricht lautet: Einen mentalen Perspektivenwechsel kann man lernen. Seminare unterstützen dabei, die eigenen mentalen „Gespenster“ kennenzulernen, und die hilfreichen Stimmen zu stärken, die zu einer konstruktiven Krisenbewältigung führen. Durch tägliches Fühlen und Aussprechen positiver Affirmationen entstehen neuronale Verknüpfungen, die neues Handeln ermöglichen.
4. Ebene der Identität:
Wohin soll die Reise gehen?
Die Folgen der Pandemie sind für viele Solo-Selbstständige existenziell bedrohlich. Als mentale Erste-Hilfe-Maßnahme dient der Glaubenssatz "Auch wenn mir gerade alle Felle davon schwimmen, stelle ich mir die Frage, was mir in meinem Leben wirklich wichtig ist."
Jeder braucht Zeiten, in denen er oder sie sich mit sich selbst verabredet und mit sich selbst ins Gespräch kommt. Ausgangspunkt sollte sein, sich die eigenen Stärken bewusst zu machen. Auch gilt es, der Sehnsucht nachzuspüren, die wie ein Kompass den Weg weist. Neugier hilft, auf die Möglichkeiten hinter den Hindernissen zu schauen.
Vielleicht ist der Zeitpunkt gekommen, ein neues berufliches Ziel anzusteuern? Weiterbildungsangebote können den Prozess der Neuorientierung unterstützen: Wer auch zukünftig selbstständig arbeiten möchte, kann beispielsweise in einem „Business-Model-Canvas“-Workshop ein neues Geschäftsmodell entwickeln. Wer ein Beschäftigungsverhältnis anstrebt, kann sich z.B. in einem Bewerbungstraining mit den Erwartungen von Personalabteilungen vertraut machen und lernen, die eigene Arbeitskraft selbstbewusst zu vermarkten.
5. Ebene der Spiritualität:
Sinn und Zugehörigkeit spornen an
Weiter in dem täglichen Nachrichtenstrom mitschwimmen? Zig Meldungen über Inzidenzen in aller Welt und über prozentualen Wirksamkeiten von Impfstoffen aufnehmen? Isoliert vor dem eigenen Bildschirm den vermeintlich Verantwortlichen und klugen Köpfen in Talk-Show lauschen?
An einer Weiterbildung teilzunehmen, hat einen ganz entscheidenden Vorteil. Interessante Inhalte und Diskussionen setzen einen Kontrapunkt zu den geltenden Kontaktbeschränkungen. Der Austausch mit anderen Teilnehmenden inspiriert und stärkt, Zukunft auf sinnvolle Weise zu gestalten.
Die Hamburger Initiative: Zukunft.Gebildet
Ist es nach Eindämmung der Corona-Pandemie tatsächlich erstrebenswert, wieder in den vorherigen Zustand zurückzukehren und ein "New Normal" zu etablieren? Was hat uns die Krise gelehrt über die Anfälligkeit globaler Wirtschaftsstrukturen, die Grundbedürfnisse von Menschen nach Zusammenhalt, sinnerfüllter Arbeit und intakten Naturräumen? Die Herausforderung besteht darin, die Corona-Krise zu nutzen, um einen Quantensprung voran zu machen: Mit dem Ziel, unsere Gesellschaft zu transformieren und unsere Wirtschaft auf Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit auszurichten.
Der Verein Weiterbildung Hamburg e.V., ein Zusammenschluss von ca. 180 Bildungseinrichtungen, initiiert im Mai 2021 die Kampagne Zukunft.Gebildet. Der Slogan meint im doppelten Wortsinn: Jeder und jede Einzelne kann mit eigenen Bildungsanstrengungen die individuelle Berufsbiografie fortschreiben und einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Und die Zukunft unserer Gesellschaft wird davon abhängen, ob in Bildung weiter investiert wird.
Wie toll wäre das denn, wenn die Quote der Selbstständigen in den kommenden Jahren nicht wie prognostiziert sinkt, sondern exponentiell steigt. Wir brauchen kreative und kluge Menschen, die eine neue Gründergeneration bilden.
Neue Perspektiven durch Qualifizierung
So wie Politiker*innen gut beraten sind, sich auf die Erkenntnisse von Wissenschaftler*innen zu beziehen – so sollten sich Menschen auf die Suche nach Lehrenden machen, die zur Krisenbewältigung befähigen und neue Perspektiven ermöglichen.
Die Weiterbildungsanbieter sind ebenso zahlreich wie die Formate mit Präsenz- und Online-Veranstaltungen. An Weiterbildungen teilzunehmen, kann für Solo-Selbstständige der Schlüssel dazu sein, um das eigene Business zukunftsfähig zu machen!
Wenn Sie an einem kostenlosen Telefonat zu einer Bestandsaufnahme interessiert sind, freuen wir uns auf Ihre Anfrage. Gerne begleiten wir Sie auf Ihrem Weg aus der Krise.
Claudia Kirsch im 90-Sekunden-Video-Porträt
Mai 2021
© Illustrationen: Daniel Jennewein
aus: Die Krisenbewältigungskiste, Thomas Prünte
Fachbuch Klett-Cotta Verlag