Von der Dozentin zur Geschäftsführerin bis zum Unternehmensverkauf
Bei Selbstständigen kann irgendwann der Wunsch entstehen, eine neue Lebensphase einzuleiten und das Business aufzugeben – selbst wenn es floriert. So erging es Martina Henn-Sax, die 2010 das Institut „abiturlernen“ gründete. Mit einem Angestellten und 40 freien Mitarbeitern bereitete sie Abiturienten in 5 Bundesländern und 15 Fächern auf ihre Prüfungen vor.
Frau Henn-Sax, was bewegte Sie, "abiturlernen" zu verkaufen?
Nach so vielen Jahren der Abiturvorbereitung und des Managements meiner Firma wollte ich mich persönlich weiterentwickeln. Ich bin Jemand, der ab und an einen neuen Kick braucht. Routine war noch nie mein Ding. Mein Bauchgefühl sagte mir, „Du hast noch 20 Jahre Berufsleben vor Dir, Du musst nochmal was Neues machen“.
Wie sind Sie bei der Suche nach einem Käufer vorgegangen?
Die Überlegungen zum Verkauf kamen mir bereits Anfang 2019. Zunächst war ich zögerlich, da ich nicht wusste, wo es nach dem Verkauf beruflich für mich hingehen soll. Im März 2020 recherchierte ich einen Experten für Unternehmensverkäufe. Mit Herrn Salzmann von Everto Consulting erstellte ich ein Exposé in dem genau dargestellt wurde, was "abiturlernen" ist, wie es vermarktet wird und was die Stärken/ Schwächen des Unternehmens sind.
Herr Salzmann inserierte das Unternehmen auf einer Internetplattform und im Juni gab es bereits 7 Interessenten. Bei dem Zoom-Erstgespräch mit einem privaten Bildungsunternehmen war klar, dass es sich um einen passenden Kandidaten mit ernsthaftem Kaufinteresse handelt.
Wie verlief die Betriebsübergabe?
Den Verkaufspreis habe ich auf Grundlage des Gewinns der letzten fünf Jahre festgelegt. Es gab einen klassischen Kaufvertrag und der Kaufpreis wurde in einer Summe überwiesen.
Meine Dozenten wurden vom Käufer übernommen und reagierten positiv auf den Verkauf, da sich an ihren Verträgen nichts änderte.
Es folgte eine 3-monatige Phase, die mich viel Kraft gekostet hat. Im Grunde genommen verlief die Übergabe an die zukünftige Geschäftsführerin ähnlich wie die Einarbeitung eines Angestellten. Ich stellte zusammen, wie die Prozesse von abiturlernen organisiert sind, und vermittelte die Eckpunkte von Kalkulation und Finanzen.
Leider stellte sich heraus, dass meine Nachfolgerin nicht langfristig auf dieser Position bleiben würde, was mir die Übergabe deutlich erschwerte. Eigentlich wollte ich mich viel lieber direkt etwas Neuem zuwenden.
Wie sollte es nach dem Unternehmensverkauf für Sie weitergehen?
Es gab viele Überlegungen, eine ganz konkrete Idee hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Vor allem wollte ich mir Freiraum schaffen, um die nächsten Schritte zu planen und wieder neu anzutreten.
Jetzt bin ich entschlossen, Consulting-Dienstleistungen für Führungskräfte im wissenschaftlichen Bereich und für Solopreneure anzubieten. Bis März 2021 sollen meine Webseiten erstellt sein. Außerdem möchte ich weiterhin für BusinessWomen Empowerment UG aktiv sein.
Wer hat Sie – abgesehen von der Consulting-Firma – unterstützt?
Vor allem mein Mann, der mich von Beginn an in meiner Entscheidung bekräftigt hat, und meine Sparringpartnerin Miriam Engel, die zusagte, mich bei neuen Projekten zu unterstützen. Interessant ist: Andere Selbstständige und Freiberufler reagierten durchweg positiv und mit Neugier, wohingegen Angestellte und Beamte aus meinem Umfeld eher skeptisch waren.
Meine bisherigen Erfahrungen mit Veränderungen ließen mich unbeschwert durch den Prozess gehen. Jedes Mal, wenn ich ein Projekt abgeschlossen hatte, ging eine neue Tür auf. Das gab mir Zuversicht.
Welche Tipps würden Sie geben, wenn jemand über einen Unternehmensverkauf nachdenkt?
Sobald das Bauchgefühl sagt „Ich habe keine Lust, ich will einfach nicht mehr“, sollte man den Schritt zum Verkauf wagen. Man sollte sich ganz genau überlegen, was die eigene Firma kann, und den Wert der Marke nicht unterschätzen. Ich hatte zwar kein Patent, aber einen etablierten Namen und eine Webpräsenz auf dem Markt. Das ist für den Kaufpreis ausschlaggebend.
Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Fortsetzung Ihrer Karriere als Unternehmerin.
Ilona Wischnewski, Unternehmensberatung Claudia Kirsch
Januar 2021